Frag die Lehrerin
Es sind nicht nur Lehrer, die Fragen stellen. Hier habe ich Renate Herz, einer Englischlehrerin aus Deutschland, ein paar Fragen zum Thema Englischlernen gestellt.
1. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Wer bist du? Wen unterrichtest du in Englisch und wo?
Ich heiße Renate Herz und arbeite unter dem Slogan „Ein Herz für Sprachen“ als selbständige Sprachlehrerin für Englisch, Französisch und Latein am westlichen Ende des Bodensees. Ich unterrichte sowohl Schüler (Nachhilfe und Prüfungsvorbereitung) als auch Erwachsene (Sprachkurse und Einzelunterricht). Der Unterricht findet bei mir zuhause statt, entweder in meinem Unterrichtsraum oder bei schönem Wetter auch oft auf meiner Terrasse, sehr zur Freude meiner Schüler.
2. Warst du schon mal in England? Wenn ja, wie war deine Zeit dort?
Mein erster Besuch in England war auf einer vierwöchigen Rundreise durch das gesamte UK direkt nach dem Abitur. Das hat mir landschaftlich einen schönen Überblick verschafft, auf Campingplätzen und in Pubs schöne Begegnungen ermöglicht und mich frischgebackene Abiturientin mit super Englischnoten schlagartig vom hohen Ross heruntergeholt, was meine vermeintlich guten Englischkenntnisse anging. Konfrontiert mit vielen verschiedenen Dialekten und Akzenten musste ich feststellen, dass es da noch einiges zu lernen gab …
Während des Studiums habe ich dann einmal für ein paar Wochen eine Sprachschule in Brighton besucht und war für ca. 4 Monate in Bristol, bedingt durch eine Partnerschaft meiner Universität mit der dortigen Uni. Diese Zeit habe ich in sehr schöner Erinnerung. Mit meiner Gastfamilie hatte ich das große Los gezogen, da hat wirklich alles gepasst. An der Uni schloss ich mich dem Hiking Club an und fand dadurch auch schnell Anschluss zu Engländern.
3. Was war das erste Buch, das du auf Englisch gelesen hast?
Das war irgendeine vereinfachte Schullektüre; ich glaube, es war „The Murders in the Rue Morgue“ von Edgar Alan Poe.
4. Wie können Schüler deiner Meinung nach neue Vokabeln am besten lernen?
Dafür gibt es kein Patentrezept, sondern das hängt von ganz vielen Faktoren ab wie Motivation,
Lerntyp, Art der Vokabeln, etc. und je nach dem greift dann eben die eine oder andere Methode besser. Wichtig ist für mich in jedem Fall gehirngerechtes Lernen. Es ist eigentlich skandalös, dass die Ergebnisse der Gehirnforschung bisher so wenig Einzug in die Schulen halten und Vokabeln vielfach immer noch wie vor hundert Jahren als lange Wortlisten „gelernt“ werden sollen. Das kann nicht funktionieren und bleibt nicht nachhaltig in den Köpfen! Unser Hirn merkt sich neue Sachverhalte über Assoziationen mit Bekanntem, über bildliche Vorstellung und in Verbindung mit Emotionen. Oliver Geisselhart und Helmut Lange haben dazu übrigens ein grandioses Buch verfasst mit dem Titel „Schieb das Schaf“ (http://www.schieb-das-schaf.de/).
5. Welche Empfehlungen hast du für deine Schüler, die ihr Englisch außerhalb des Unterrichts verbessern wollen?
Möglichst viel Kontakt mit der englischen Sprache, und da ist alles sinnvoll, was Spaß macht. Ein Extremsport-Begeisterter kann sich Sportübertragungen auf den einschlägigen Sportkanälen im Fernsehen anschauen, die werden nämlich nur in Englisch moderiert – so hat z.B. mein Sohn Englisch gelernt. Wer viele DVDs schaut, kann sich die zur Abwechslung ein zweites Mal auf Englisch anschauen. Oder auf Youtube rumschmökern, dort gibt es ja unendlich viele witzige Filme. Englischsprachige Musik ist ja sowieso omnipräsent, also warum nicht auch mal von der Lieblingsband die Lyrics raussuchen, damit man die Texte besser versteht. Bei Google Englisch als Sprache einstellen, dann kommen immer erst die englischen Suchergebnisse. Selbstgespräche auf Englisch führen oder Hund, Katze, Maus auf Englisch zutexten – das hat den Vorteil, dass Haustiere einen weder kritisieren noch auslachen ;) Oder aber mit Freunden und Familie vereinbaren, in bestimmten Situationen englisch zu reden, z.B. beim gemeinsamen Abendessen.
6. Wie könnte deiner Meinung nach jemand, der Angst vorm Englischsprechen hat, diese Blockade überwinden?
Über Erfolgserlebnisse! Ich erlebe diese Blockaden ja regelmäßig bei meinen Schülern, z.B. in der Vorbereitung von mündlichen Abschlussprüfungen. In der Anfangsphase der Prüfungsvorbereitung schaffen es die meisten meiner Schüler nicht, eine volle Minute über ein Thema zu reden. und nach vier Monaten reden sie dann ihre Lehrer in Grund und Boden : ). Wie schaffen sie das? Gute Frage … Ich glaube, das Entscheidende ist tatsächlich die entspannte Lernatmosphäre, das Sich-ausprobieren-dürfen, Fehler machen zu dürfen, um dann an diesen Fehlern zu wachsen, Handwerkszeug an die Hand zu bekommen, wie man es besser machen kann und es dann noch einmal probieren und direkt selber die Erfahrung machen, dass es beim zweiten Mal besser klappt. So stelle ich immer wieder fest, wie sie alle selbstsicherer werden, sich mehr zutrauen und diese Sprechblockaden überwinden.
7. Was ist dein Lieblingswort auf Englisch?
Oh, da gibt es einige: Da sind zum einen Worte, die sich einfach witzig anhören, wie z.B. flabbergasted, Mulligatawny oder das Krähen eines englischen Hahns: cock-a-doodle-doo. Und zum anderen denke ich an so spezielle schwer auszusprechende „Lieblingswörter“ in meinen Kursen, wie z.B. comfortable. Oder gerade heute wurde mal wieder „important“ beim Lesen zu „impotent“, womit die Vorlesende die Lacher auf ihrer Seite hatte. Und da wäre dann noch ein ganz persönliches Lieblingswort: love handles – das ist so ein liebevoller Ausdruck für die Rettungsringe : )
8. Kennst du irgendwelche typischen Gerichte aus England?
Wenn ja, hast du sie schon probiert und was war deine Meinung dazu?
Während meiner Zeit in Bristol haben englische Freunde eine Woche VOR Weihnachten einen original Christmas turkey mit allen traditionellen Zutaten für mich zubereitet, weil ich Weihnachten selbst in Deutschland verbracht habe. Das war schon ein besonderes Erlebnis! In Trifle als Dessert könnte ich baden. Da hat uns unsere Landlady bei einem Urlaub in Wales das Geheimrezept ihrer Großmutter kredenzt. Und zu einem full English breakfast sage ich auch nicht nein, wenn ich es auch nicht jeden Tag essen könnte, aber das tun Engländer ja in der Regel auch nicht.
9. Was ist deiner Meinung nach für deutschsprachige Lernende am schwierigsten, wenn es darum geht, Englisch zu lernen?
Hast du einen Tip für sie?
Die Zeiten – damit kämpfen sie alle. Ein Tipp? Hach – Zu mir kommen und sie sich erklären lassen *lach*. Spaß beiseite, eigentlich ist das englische Zeitensystem unheimlich klar und logisch aufgebaut und wenn man einmal das System dahinter verstanden hat, ist das alles nicht mehr wirklich schwer. Das Problem am Englischunterricht in den Schulen ist halt, dass eine Zeit gelernt wird, Klassenarbeit darüber geschrieben wird und dann kommt Schlag auf Schlag die nächste Zeit mit der Folge, dass das vorher Gelernte gerade wieder aus dem Speicher im Hirn rausgeschmissen wird um Platz für Neues zu schaffen. was den Schülern am Schluss fehlt, ist der Überblick, wie die verschiedenen Zeiten zusammenhängen. Und das muss einem nur mal mit System erklärt werden.
10. Kennst du ein lustiges Sprichwort oder *eine Redewendung auf Englisch?
Kannst du bitte kurz erklären, worum es geht?
“to kill two birds with one stone” – “zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen”. Redewendungen sind was Spannendes. Oft entsprechen sie sich in verschiedenen Sprachen, aber in diesem Fall sind es zwei unterschiedliche Tiere und unterschiedliche „Mordwerkzeuge“, und doch wird man den Sinn gleich verstehen, obwohl es in beiden Fällen ja gar nicht ums Töten geht.
11. Wo finden wir dich online?
Hier ist der Link für die „Ein Herz für Sprachen“ Website.
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Wow, das ist ein super Interview auch wieder hierfür vielen Dank Kirsty! Ich bin mit dem Lesen etwas hinterher – ich war im Urlaub – und werde Dir nach und nach zu den anderen Artikeln auch kleine Kommentare hinterlassen. Wenn ich die Zeit finde, schicke ich Dir auch kleine Korrekturanmerkungen zu den deutschen Texten. (Wenn ich welche finde.)
Dein Blog ist super! Bitte mach weiter so!